Aus der eigenen Schulzeit kennen viele noch folgendes Vorgehen: Zuerst wird im ersten Schuljahr eine unverbundene Erstschrift erlernt, die sogenannte Steinschrift, und im zweiten oder dritten Schuljahr die aus dem Jahre 1946 stammende Schweizer Schulschrift.
Dabei zeigte sich aber im Lauf der Jahre, dass die Kinder zunehmend Mühe bekundeten, die vollständig verbundene Schweizer Schulschrift zu lernen und flüssig zu schreiben. Einige Lehrpersonen suchten deshalb aus eigener Initiative nach einer einfacheren Schrift. 2006 wurde im Kanton Luzern die Basisschrift als Alternative zur Schweizer Schulschrift in den Lehrplan aufgenommen.
«Dieses Schriftsystem ermöglicht es den Kindern, dass sie nur noch eine Schrift erlernen müssen und daraus schneller ihre eigene Handschrift entwickeln können», sagt Sibylle Hurschler Lichtsteiner von der Forschungsgruppe «Sprachen und Schrift» der Pädagogischen Hochschule Luzern. Ausserdem liessen die Buchstabenformen mehr Individualität zu als die frühere Normschrift.
Den Kopf frei haben für eigene Texte
Die Basisschrift werde heute als Ausgangsschrift korrekt vermittelt. Danach könnten die Kinder durchaus auch eigene Varianten bringen – sofern diese leserlich seien und vom Bewegungsablauf her Sinn machen, sagt Sibylle Hurschler weiter. «Dass die Kinder weniger an der Schrift üben müssen, ermöglicht es ihnen, dass sie schon früh den Kopf frei haben zum Verfassen von eigenen Texten.» Dabei müsse man mit den Kindern auch bewusst machen, bei welchen Texten eine Schrift auch wirklich schön sein müsse und wann die «Schönschrift» weniger wichtig sei.
Kein Kulturkampf zwischen Handschrift und digitalem Schreiben
Trotz der Digitalisierung sei aber auch heute eine persönliche Schrift wichtig, sagt Sibylle Hurschler. Im Lehrplan21 werde das Schreiben von Hand wie auch das Tastaturschreiben gleichwertig behandelt. «Für einen Erstklässler ist es aber sinnvoll und schneller, wenn er zuerst die Schrift erlernt. Damit kann sich ein kleines Kind schneller ausdrücken, als das mit dem Computer oder dem Handy der Fall wäre.»
Zudem sei erwiesen, dass Texte oder Lernnotizen von Hand besser memoriert werden könnten. «Wichtig ist die gleichzeitige Entwicklung der beiden Kompetenzen. So dass man unverkrampft alle Schreibmöglichkeiten nutzt – anstatt daraus einen Kulturkampf zu machen», so Sibylle Hurschler Lichtsteiner.
SRF 1, Regionaljournal Zentralschweiz, 17:30 Uhr